Aus gegebenem Anlass: Facts & Figures zum Thema Import von gebrauchten Speiseölen
Am 21.04.2021 hat Transport & Environment eine Mitteilung mit dem Titel “Europe’s imports of dubious ‘used’ cooking oil set to rise, fuelling deforestation” veröffentlicht. Darin unterstellte Kausalitäten zeugen von mangelnder Markt- und Sachkenntnis. Ebenso werden laufende Aktivitäten der Europäischen Kommission zur weiteren Verbesserung der Nachhaltigkeitszertifizierung im Rahmen der RED II scheinbar ausgeblendet. Wir möchten deshalb zum Thema Import von gebrauchten Speiseölen noch einmal einige wichtige Informationen zusammenfassen.
Daten
- Deutschlands Importe von gebrauchtem Speiseöl (UCO = Used Cooking Oil) waren in den letzten Jahren relativ konstant, in 2020 rückläufig. Sie lagen bei durchschnittlich etwa 500.000 t pro Jahr. Gleichzeitig wurden jährlich rund 150.000 t UCO aus Deutschland exportiert.
- UCO-Importe in die EU aus China sind im Jahr 2020 fast um die Hälfte auf 270.000 t eingebrochen, da China mehr und mehr das dort gesammelte UCO zur eigenen Biodieselproduktion einsetzt.
- Die UCO-Importe aus Malaysia in die EU sind in 2020 auf 285.000 t angestiegen. Diese Menge übersteigt sehr wahrscheinlich die in Malaysia gesammelte UCO-Menge. Grund dafür ist, dass Malaysia als Umschlagsplatz für UCO aus anderen asiatischen Ländern, wie Thailand oder Vietnam, dient. Es zeichnet sich jedoch ab, dass Malaysias Nettoexporte sinken, da auch Malaysia zunehmend selber UCO zu Biodiesel verarbeitet.
- Die UCO-Importe aus Indonesien in die EU waren in den letzten Jahren stabil. Sie lagen im Durchschnitt bei 115.000 t pro Jahr.
UCO-Sammlung in Drittländern
- Die UCO-Sammlung ist in vielen Ländern in den letzten Jahren angestiegen und hat noch großes Potenzial. Dafür gibt es drei wichtige Gründe:
- Mit steigendem Einkommen steigt der pro-Kopf-Verbrauch an Speiseöl und die damit sammelbare UCO-Menge.
- Länder wie China, Indien oder Bangladesch sammeln UCO aus einem wesentlichen Antrieb: Schutz der menschlichen Gesundheit. Mit der UCO-Sammlung soll eine gesundheitsgefährdende UCO-Mehrfachstnutzung („Gutter Oil“- oder RUCO-Problematik) verhindert werden. Bitte sehen Sie hierzu auch die Website der FSSAI, Indien.
- Nicht vergessen werden sollte aber auch die weltweite Urbanisierung. In wachsenden Megacitys ist es besonders wichtig, dass UCO gesammelt und nicht unsachgemäß in die Kanalisation entsorgt wird, wo es zur Entstehung sogenannter Fettberge führt.
UCO zur Tierfutterproduktion?
- Wie in der EU ist es in vielen Ländern, darunter auch China (Link, Link), aus Gründen der Lebensmittelsicherheit verboten, UCO für die Tierfutterproduktion zu nutzen. Hinzu kommen in (überwiegend) muslimischen Ländern, wie zum Beispiel in Indonesien, die strengen Halal-Anforderungen an Lebensmittel, die ebenfalls eine Verwendung von UCO im Tierfutter ausschließen.
Transparenz, Zertifizierung und Rückverfolgbarkeit
- EUROSTAT, das Statistische Amt der Europäischen Union, ermöglicht es, die Herkunft von importiertem UCO in die EU anhand von Zolltarifnummern, für UCO meist 15180095, genauestens nachzuvollziehen;
- In ihrem jährlichen Evaluations- und Erfahrungsbericht dokumentiert die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ebenfalls die Herkunftsländer aller in Deutschland zur Biokraftstoffproduktion verwendeten Ausgangsstoffe;
- Grundsätzlich unterliegt die gesamte Wertschöpfungskette vom Ausgangsstoff bis zum Fertigprodukt strengen Nachhaltigkeitsanforderungen gemäß der Biokraft-NachV und damit verbundenen Zertifizierungs-, Dokumentations- und Auditierungs-Pflichten, inklusive Witness- und Integrity-Audits; die Web-Anwendung Nabisy gewährleistet in Deutschland eine EU-weit vorbildliche Dokumentation;
- Zusätzlich hat der europäische MVaK-Schwesterverband EWABA einen „Standard of Transparency“ entwickelt. Darin aufgelistete Maßnahmen stellen eine Verschärfung bestehender Kontrollen durch Zertifizierungsstellen dar an allen Punkten der Wertschöpfungskette. Einzelne Maßnahmen aus diesem Standard haben mittlerweile Eingang gefunden in das ISCC-Zertifizierungssystem und das im August 2020 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Assessment Protocol Template für Zertifizierungssysteme. Im Juni dieses Jahres wird die Europäische Kommission im Rahmen der RED II-Umsetzung ihre neuen, noch strengeren Anforderungen an Zertifizierungssysteme vorlegen;
- Zusätzlich hat der EWABA eine „Trade Defence Working Group“ gegründet. Sollte ein Betrugsverdacht im In- oder Ausland bestehen, kann unsere Branche fortan derartigen Fällen besser nachgehen, Liefermengen aus China plausibilisieren, nationalen sowie EU Aufsichtsbehörden substantiierter Verdachtsfälle melden und die Ermittlungsarbeit der Behörden besser unterstützen. Plausibilisieren chinesischer Mengen heißt dabei, dass unsere Branche ein „Mapping“ der Herstellungsbetriebe von abfallbasiertem Biodiesel sowie der UCO-Lagerkapazitäten in China vorgenommen hat und die Verladungen in benachbarten Häfen verfolgt. Sollte eine Lademenge höher sein, als im Ursprungsland produziert oder gelagert werden kann, werden diese Schiffe bei Ankunft in Europa kontrolliert;
- Ebenso gelten in vielen international, und damit auch im chinesischen Markt tätigen Unternehmen, strenge interne Compliance-Regeln und -Richtlinien;
- Und zusätzlich wird die Europäische Kommission gemäß Artikel 28 (2) RED II eine Unionsdatenbank einrichten, „die die Rückverfolgung flüssiger und gasförmiger Kraftstoffe für den Verkehr ermöglicht“.
(Update am 22.04.2021)